Wie ich berichtet habe, fand ich letztes Jahr den Eintrag meines Großvaters in der Verlustliste der k-und-k Armee (1. Weltkrieg). In einem Update berichtete ich außerdem, dass ich einen Datenbankeintrag auf der Internetseite des Zentralen Militärarchivs [in tsch. „Vojenský ústřední archiv“] fand.
Dort habe ich nach Näherem gefragt. Hier berichte ich von den Ergebnissen der Nachfrage.
Zunächst zu der Datenbank, die auch im Internet einsehbar ist. Es handelt sich hierbei um die „Legionärsdatenbank“, wobei es sich hier um die Tschechischslowakische Legion handelt, die im und nach dem 1. Weltkrieg in Russland und Frankreich aktiv war. Der Mitarbeiter des Archiv schrieb mir, dass mein Opa Mitglied der Legion war, jedoch nicht als Soldat sondern als Arbeiter. Dazu packte er noch einige Unterlagen meines Großvaters. Es ergibt sich folgendes Bild.
Da die Truppen der tschechoslowakischen Legion nicht über Westen auf tschechischen Boden zurückkehren konnte, zogen sie nach Osten, um über Wladiwostok nach Europa einzuschiffen. So kamen sie in die Region Wladiwostok. Mein Großvater war dort im Lager Krasnaja Rjetschka. Er erfuhr, dass seine Heimat Bilin nun zur Tschechoslowakischen Republik gehörte. Er erklärte im 23. Februar 1920, dass er dieser als Staatsbürger mit allen Rechten und Pflichten angehören wolle.
Dies wurde ihm quasi vor Ort gewährt. Aus dem Dokument erfährt man auch das Datum der Gefangennahme: 4.3.1915. Da er nun tschechoslowakischer Bürger war, kam er anscheinend nicht umhin (oder tat es aus freien Stücken), dem Arbeitsverband Legion beizutreten. Das währte jedoch nicht lange, denn am 23. Juni 1920 bat er um seine Entlassung, da er beabsichtigte, mit Hilfe des Deutschen Reiches nach Deutschland zurückzukehren.
Das tat er dann auch. Handschriftlich ist vermerkt, dass es sich um das Schiff Hudson Maru handelt, einem ehemaligen japanischem Frachter. Die Hudson Maru fuhr vom 29.6.1920 bis 6.9.1920 ehemalige Kriegsgefangene von Wladiwostok nach Hamburg. Laut Wiener Zeitung waren 434 Österreicher an Bord. Es gibt sogar ein Bild von der Überfahrt, angeblich vom 22.7.1920. (Wer weiss, vielleicht steht mein Opa dort an der Reeling…)
Es gibt sogar ein Tagebuch von jemanden, der auf der Überfahrt dabei war. Leider ist es in einer Kurzschrift verfasst, die ich nicht interpretieren kann. Aber immerhin hat derjenige die geografischen Koordinaten festgehalten, so könnte ich bei Gelegenheit mal die Route
nachvollziehen (s.o. ab Bild 42).
Es ist sehr schön, diese Dokumente über meinen Großvater zu erhalten. Auch mein Vater hat sich sehr gefreut. Man muss sich nur vorstellen, dass mein Opa fünf Jahre seines jungen Lebens in Kriegsgefangenschaft in Sibirien verbracht hat.
(Quellen: obiges Bild siehe Link, CC-by SA 3.0)
2 Antworten auf „Großvaters Kriegsgefangenschaft in Russland im ersten Weltkrieg Teil 2“
Mit großem Interesse habe ich den Artikel gelesen. Mein Vater (Siegmund Köhler aus Kaaden) war auch in der k.u.k Armee und geriet in russische Kriegsgefangenschaft in Galizien. Er kam dann in die Nähe von Wladiwostock. Er befehligte als Leutnand ein Bataillon, das wohl vowiegend aus Tschechen bestand. Von Wladiwostock aus (oder der Umgebung) ist er mit anderen Mitgefangenen auf dem Wasserwege und in Etappen wieder nach Europa gekommen. Nach seinem Bericht erfolgte der Landgang in Europa in Triest. In meinem Besitz befinden sich einige Fotos aus der Armeezeit in Ungarn und Galizien und auch ein Foto mit dem handschriftlichen Vermerk „Dalne“ . Hier könnte es sich um die Region bei Wladiwostock handeln. Die abgebildeten Personen (mein Vater und weitere) tragen keine Schulterstücken. Evtl. ein Zeichen der Kriegesgefangenschaft. Mein Vater ist 1961 verstorben. Über seine Zeit als Offizier im ersten Weltkrieg hat er uns Kindern nur wenig und ungern erzählt.
Heute habe ich einen Brief aus Port Said von einem K.u.K. Kriegsgefangenen Heimkehrer der auf der Hudson Maru mitgefahren ist in meinem privatem Archiv gefunden. Wenn sie Interesse daran haben so sende ich ihnen gerne einen scan zu.