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2017-09-06

Rezension: „Straße der Wunder“ von John Irving

Filed under: Bücher — Schlagwörter: , , — Erik @ 22:35
Dies ist der aktuelle Roman von John Irving um zwei Kinder von einer Müllhalde im mexikanischen Oaxaca, Joan Diego und seine Schwester Lupe. Als typischer Irving treten schillernde Figuren auf: ein hellsehendes Mädchen, ein Wunderknabe, ein Transsexueller, ein katholischer Priester in Ausbildung etc.
Das Buch hat mich an seinen Roman Owen Meany erinnert (den ich danach seit über 20 Jahren erneut gelesen habe). Wie in Owen Meany erzählt Irving in zwei Zeitebenen: in der Kindheit und Jugend der Protagonisten, also der Vergangenheit, und in der Gegenwart. Der Erzähler in Owen Meany heißt John und ist Englischlehrer. In Straße der Wunder gibt es keinen Ich-Erzähler, aber es wird die Geschichte von Joan (engl. John!) erzählt, der Schriftsteller wird. In beiden Romanen haben die Protagonisten Vorbehalte gegen die katholische Kirche, in Straße der Wunder ist es besonders die Christianisierung der Ureinwohner und die Vereinnahmung ihrer Religion durch die Eroberer. Lupe kann mehr hellsehen als Owen, aber beide sehen ihren Tod voraus. Und beide helfen damit: Owen Kindern, Lupe ihrem Bruder.
Beim erneuten Lesen von Owen Meany ist mir aufgefallen, dass Erzählebene des erwachsenen John einen nicht unerheblichen Raum einnimmt, hauptsächlich gefüllt mit Rants gegen die amerikanische Politik (Reagan-Ära) und Betrachtungen zu diversen literarischen Werken und ihre Unterrichtung im Unterricht ein, was wenig zur eigentlichen Geschichte beiträgt. Ebenso scheint mir die Gegenwarts-Erzählebene in Straße der Wunder wenig zur Geschichte beizutragen. Immerhin gibt es hier etwas mehr Handlung: Joans Reise auf die Philippinen und insbesondere sein Treffen mit einem (mysteriösen) Mutter-Tochter-Gespann. Mir ist noch nicht klar, was dies soll und ob/wofür sie stehen.
Viele Leser beklagen sich, dass das Buch langweilig sei. Ja, es ist kein Thriller. Ein Tipp für angehende Schriftsteller ist „Handlung, Handlung, Handlung“. Nicht so Irving. In Owen Meany schreibt er über Humor in den Beschreibungen eines Romans:
[…] aber die Hälfte [des Humors] bekommen [die Schülerinnen] gar nicht mit! […] Was ihnen entgeht, sind immer die Beschreibungen; ich bin sicher, die halten sie einfach für unwichtig. Sie wollen Dialoge, sie wollen Handlung; aber gerade in den Beschreibungen steckt so viel von der schriftstellerischen Leistung!
Ja, Schmunzeln ist angesagt: Blutdruck-Tablette oder Viagra (was für Alternativen! Das Leben ist schon nicht leicht), der katholische Priester und der Transsexuelle, die ein Liebespaar werden etc.
Das Ende ist für mich dann doch überraschend.
Die FAZ hat eine lesenswerte Rezension.

2017-09-02

Kurzrezension: „Chronik eines angekündigten Todes“ von Gabriel García Márquez

Filed under: Bücher — Schlagwörter: — Erik @ 22:12
Ein kurzer Roman von Gabriel García Márquez. Der Klappentext der Ausgabe des Philipp Reclam jun. Verlags Leipzig fasst es ganz gut zusammen:
[…], in dem [Roman vollzieht] sich die Handlung an einem Montagmorgen in einem Zeitraum von nur anderthalb Stunden. Die Tragödie, die sich anbahnt, kann von den zaghaften Versuchen der Dorfbewohner, sie noch abzuwenden, nicht mehr aufgehalten werden. Durch einen überkommenen Ehrbegriff ausgelöst, der ohne tieferen Sinn nur noch als eingeschliffenes Vorurteil im Bewußtsein der Beteiligten weitelebt, nimmt sie schicksalhaft ihren Lauf. Die Rache, nach der verlorene Ehre verlangt, trifft den Falschen und wächst sich zu einem Verbrechen aus, für das ein ganzes Dorf durch seine Tatenlosigkeit die Verantwortung trägt.

Cover-Bild der Taschenbuchausgabe des Fischer-Verlages

Flüssig zu lesen und Recht kurz, ist der Roman auch bald zu Ende. Mit offenen Mund staunte ich, wie der Todeszeitpunkt immer näher kommt und das Dorf zwischen „die (Mörder in spe) werden das nicht tun!“ und halbherzigen Versuchen, die Tragödie zu verhindern, schwankt. Leseempfehlung!
Hier noch eine weitere, ausführliche Rezension.

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