Dante Alighieri: Die göttliche Kömmödie

übersetzt von Karl Witte (1800-1888)

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Dann wandt' er sich zu dem gedunsnen Antlitz (7)
Und sagte: Schweig, vermaledeiter Wolf!
Verzehre deine Wut im eignen Herzen.
Nicht Willkür heisst zur Nacht uns niedersteigen; (10)
Dort oben will man es, wo Michael
Des Hochmuts Hurrerei zu rächen wusste.—
Wie Segel, aufgebläht vom günstigen Winde, (13)
Zusammenfallen, wenn der Mast zerbricht,
So fiel zu Boden dieses grimme Untier. *
,Wir aber gingen ein zur vierten Lache, (16)
Das Ufer voller Schmerz noch mehr umkreisend,
Das alles Weh der Welt in sich begreift,
0 göttliche Gerechtigkeit, wer häufte (19)
Die Strafen all, die Qual auf, die ich sah?
Warum schafft unsre Schuld uns solche Leiden ?
Wie dort an der Charybdis eine Welle (22)
Sich an der nndern bricht, auf die sie stösst,
So wirbelten die Schatten hier zusammen.
Des Volkes mehr als anderwärts noch sah ich, (25)
Das, mit der Brust sich gegenstemmend, Lasten
Von beiden Seiten wälzte mit Geheule.
Sie stiessen aufeinander, und dann wandte (28)
Zur Stelle jeder sich und wälzte rückwärts,
"Was hältst du fest?", „Was wirfst du von dir?" rufend.
So kehrten zum entgegenstellenden Punkte (31)
Im dunklen Kreis allseitig sie zurück,
Das Lied des Hohns sich unablässig singend.
Und wer durchmessen seinen Halbkreis, drehte (34) *
Zu neuem Aufeinanderstoss sich um.
Ich, dessen Herz von Mitleid fast durchhohrt war,
Begann: O Meister, jetzt verkünde mir, (37)
Wer diese sind, und ob die Tonsurierten.
Zu unsrer Linken alle geistlich waren?
Drauf er: Im ersten Leben waren alle (40)
So geistig blind, dass sie nichts ausgegeben,
Wobei das rechte Mass sie eingehalten.


Digitalisierte Erläuterung:

(15) Also in gebückter, halb kniender Stellung. (zurück zur Textstelle)
(34) Anmerkung zu Fegefeuer 2. Gesang (23) (zurück zur Textstelle)

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